In vielen Reiseberichten im Internet ist immer wieder der Begriff “Contract Lounge” zu lesen, in der Regel mit der Anmerkung, dass man selbige ungern aufsucht, da sie von der Qualität her oft als minderwertig gegenüber den von Fluggesellschaften betriebenen “Airline Lounges” angesehen werden. Was es mit diesen Begriffen auf sich hat, wie sich “Contract Lounges” von “Airline Lounges” unterscheiden und wie man sowohl Airline Lounges als auch Contract Lounges nutzen kann, erläutere ich im folgenden Artikel.
Was sind Flughafenlounges überhaupt?
Diejenigen Leser, die entweder selbst viel auf Reisen sind oder regelmäßig Flug-Reviews im Internet lesen, sind sicherlich mit dem Begriff der “Flughafenlounge” weitestgehend vertraut. Kurz gesagt handelt es sich hierbei um Aufenthaltsräume an Flughäfen (oder auch an Bahnhöfen), deren Nutzung im Gegensatz zum Aufenthalt im Abflugbereich oder am Bahnhof in der Regel unmittelbar oder mittelbar kostenpflichtig ist, dafür aber in praktisch allen Fällen ein zusätzliches Serviceangebot (üblich sind separate Waschräume und inkludierte Verpflegung meist in Buffetform) bieten.
Historisch hervorgegangen sind Flughafenlounges aus den Wartesälen erster Klasse im internationalen Bahnverkehr – in diesen hatten bereits vor mehr als 100 Jahren Reisende mit Fahrkarte der ersten Klasse die Möglichkeit, am Bahnhof getrennt von anderen Reisenden in bequemen Räumlichkeiten auf ihren Zug zu warten und sich nebenbei exquisit verpflegen zu lassen.
Ganz in diesem Sinne betreiben heutzutage auch die meisten größeren Fluggesellschaften eigene Wartebereiche für ausgewählte Passagiergruppen – meist Vielfliger mit entsprechendem Status und Gäste der Business oder First Class. In diesen von den Fluggesellschaften selbst betriebenen Lounges (daher auch “Airline Lounges” genannt) findet man in aller Regel ein Inklusivangebot an (überwiegend einfachen) kalten und warmen Speisen, alkoholfreien und alkoholischen Getränken (Saft, Soft Drinks, Bier, Wein und Spirituosen) sowie meist auch separate Waschräume (oft mit Duschgelegenheit), die aufgrund der geringeren Frequentierung durch Fluggäste häufig auch sauberer und in einem besseren Zustand sind als die Toiletten im öffentlichen Bereich des Flughafens. In diese Kategorie fallen beispielsweise die SWISS Alpine Lounge in Zürich, die Lufthansa Lounge in Mailand oder die Maple Leaf Lounge in Frankfurt.
Was ist eine Contract Lounge?
Neben diesen durch die Fluggesellschaften selbst betriebenen “Airline Lounges” gibt es an vielen Flughäfen auch Lounges, die entweder durch die Flughafengesellschaft selbst betrieben werden (z.B. die Open Sky Lounge in Düsseldorf oder die Airport Lounge in Stuttgart), durch Firmen, die ausschließlich Flughafenlounges betreiben (z.B. durch die in Hongkong ansässige Firma Plaza Premium, die vor allem im asiatischen Raum einige Lounges anbietet) oder durch Abfertigungsanbieter, die neben den Lounges auch die Abfertigung am Check In, Gepäckverladung und ähnliche Dienstleistungen gegenüber den Fluggesellschaften erbringt (hierzu zählen beispielsweise die Swissport-, Menzies- und DNATA-Lounges).
Da die Betreiber dieser Lounges naturgemäß nicht über eigene Endkundschaft verfügen, denen sie Zugang ermöglichen können, schließen diese Verträge mit Fluggesellschaften oder Anbietern von Loungezugangs-Mitgliedschaften (z.B. DragonPass oder PriorityPass), um gegen Bezahlung durch den Vertragspartner deren Kunden zu versorgen. Daher stammt auch der vielgenutzte Begriff “Contract Lounge”, da es sich eben um Lounges handelt, die ihr Geschäft über Vertragsverhältnisse mit Partnerunternehmen machen.
Die allermeisten Contract Lounges erfordern im Übrigen von ihren Besuchern nicht notwendigerweise eine Geschäftsbeziehung zu einem ihrer Vertragspartner (z.B. zu einer Fluggesellschaft, die am betreffenden Flughafen keine eigene Lounge betreibt oder einer Lounge-Mitgliedschaft im PriorityPass), sondern bieten, sofern die Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht ist, auch Tageszugänge (in der Regel für bis zu 3 Stunden) zu einem marktüblichen Preis um die 30 Euro an. Mehr dazu aber weiter unten.
Nicht zu den Contract Lounges im engeren Sinne zählen hingegen die Lounges einiger Kreditinstitute (z.B. die AMEX Centurion Lounges oder die dbs-Lounge am Flughafen Singapur), da diese ausschließlich ihren eigenen Kunden Zugang gewährt und keine Vertragsverhältnisse mit Drittparteien eingehen. Für solche Lounges kann in der Regel auch kein Tageszugang erworben werden.
Wo liegen die Unterschiede?
Die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Airline Lounges und Contract Lounges liegen im jeweiligen Geschäftsmodell – für Fluggesellschaften, die eigene Lounges betreiben, handelt es sich bei diesem Angebot um eine Aufwertung ihres Basisprodukts (nämlich der Beförderungsleistung), das die Kunden dazu verleiten soll, mehr Geld auszugeben (z.B. für ein Business Class-Ticket mit Loungezugang statt eines Economy Class-Tickets ohne oder zur Erreichung eines Status, der grundsätzlich Loungezugang beinhaltet). Aus diesem Grunde müssen die Lounges keinen unmittelbaren Gewinn abwerfen (mitunter kann sogar ein Verlustgeschäft in Kauf genommen werden), da der entsprechende Gewinn an anderer Stelle durch mehr oder teurere Flugtickets erwirtschaftet wird.
Im Gegensatz dazu müssen Contract Lounges sämtliche Betriebskosten (Personal, Wareneinsatz und nicht zuletzt die Kosten für die genutzten Räumlichkeiten) komplett durch die mittelbar (Partner-Fluggesellschaft, Lounge-Mitgliedschaft) oder unmittelbar (Tageszugang) erwirtschafteten Umsätze der Kunden gedeckt werden. Aus diesem Grunde findet man in Contract Lounges im Vergleich zu Airline Lounges oftmals (aber nicht grundsätzlich) ein qualitativ sowie quantitativ schwächeres Angebot vor.
Während mit Ausnahme einiger Premium-Angebote (z.B. Spa-Behandlungen in der Lufthansa Senator Lounge B am Flughafen Frankfurt) in Airline Lounges meist alle gebotenen Dienstleistungen im Eintritt inklusive sind, kann es je nach Anbieter bei Contract Lounges erforderlich sein, für bestimmte Leistungen (z.B. à la Carte-Verpflegung, bestimmte alkoholische Getränke, Nutzung der Duschen) zusätzlich zu bezahlen – so erhält der Kunde bei vielen Plaza Premium-Lounges beim Eintritt einen Gutschein für ein Glas Wein, muss jedoch für alle weiteren alkoholischen Getränke mit Ausnahme von Bier zusätzlich zum Eintrittspreis bezahlen.
Auch ist die Auswahl an Speisen und alkoholischen Getränken in vielen Contract Lounges geringer und von schlechterer Qualität (bis hin zu Discounter-Qualität) als in den entsprechenden Airline Lounges.
Mitunter müssen jedoch auch Gäste einer Fluggesellschaft, die eigene Lounges betreibt, mit einer Contract Lounge “vorliebnehmen” – das ist namentlich immer dann der Fall, wenn weder die Fluggesellschaft selbst noch eine ihrer Partnergesellschaften eine eigene Lounge am entsprechenden Flughafen betreiben. Das sind dann auch üblicherweise die Situationen, in denen sich Rezensenten über mangelhafte Qualität beschweren, da das Level der Contract Lounge mitunter nicht die Erwartungen der Fluggäste, die mit dem Angebot der Airline-eigenen Lounges rechnen.
Aus dieser Darstellung geht auf den ersten Blick unmittelbar hervor, dass die Erwartungen an das Angebot einer Vertragslounge grundsätzlich niedriger sein müssen als an jenes einer Airline Lounge. Daraus jedoch zu schließen, dass Contract Lounges grundsätzlich “schlechter” sind als Airline Lounges wäre ein Fehler – das hängt mitunter ganz vom Standort und dem jeweiligen Betreiber ab. Viele Rezensenten sind sich beispielsweise einig, dass die Contract Lounge am Flughafen Istanbul nicht wesentlich den durch Turkish Airlines ebendort selbst betriebenen Lounges nachsteht, und umgekehrt musste ich feststellen, dass das Angebot der vor vielen Jahren einmal besuchten ehemaligen Lufthansa Lounge in Leipzig kaum an das Niveau einer Contract Lounge heranreichte.
Wie komme ich in eine Flughafen-Lounge?
Für weniger erfahrende Reisende mag es zwar überraschend klingen, aber in den meisten Fällen ist die Nutzung sowohl zu Airline Lounges als auch Contract Lounges unabhängig von Reiseklasse und Status für alle Passagiere möglich. Beginnen wir zunächst mit den Möglichkeiten, Zugang zu einer Airline Lounge zu erhalten:
- Zunächst gibt es hier natürlich den offensichtlichen Weg: Premium-Ticket oder Vielfliegerstatus. Mit einem Business Class-Ticket oder einem mittleren oder hohen Status bei einer Fluggesellschaft ist Loungezugang eigentlich immer inkludiert – wie oben erwähnt aber nicht notwendigerweise immer zu einer Airline Lounge, an vielen Flughäfen müssen sich auch diese Gäste mit einer Vertragslounge zufrieden geben. Da die erheblichen Aufwände, die die Erreichung eines Vielfliegerstatus mit sich bringen oder der deutlich höhere Ticketpreis für Business oder First Class für viele Reisende aber nicht lohnenswert oder schlicht nicht erschwinglich sind, fällt diese Möglichkeit bei der Mehrzahl der Reisenden flach.
- Einige Fluggesellschaften, darunter beispielsweise SWISS oder Emirates, bieten gegen Zuzahlung auch Gästen mit Economy Class-Ticket über einen Lounge Voucher Zugang zu ihren eigenen Lounges. Hierbei ist grundsätzlich eine Flugbuchung mit der entsprechenden Fluggesellschaft erforderlich und der Loungezugang muss im Vorfeld der Reise über die Buchungsverwaltung zugebucht werden. Das entsprechende Angebot von SWISS trägt den Namen Swiss Choice, Loungezugänge für Emirates können auf der entsprechenden Webseite erworben werden. Die Preise für diese Angebote variieren je nach Fluggesellschaft stark, grundsätzlich muss man aber damit rechnen, dass der Zugang zu einer Airline-eigenen Lounge teurer bepreist ist als der Zugang zu einer Contract Lounge.
Für den Zugang zu Contract Lounges bestehen sogar noch mehr Möglichkeiten. Neben einem Flug mit einem Premium-Ticket oder einem Vielfliegerstatus einer Partnerairline kommen die folgenden Optionen in Betracht:
- Über eine kostenpflichtige, meist ein Jahr gültige Lounge-Mitgliedschaft in Programmen wie PriorityPass, Airport Angel oder DragonPass ist, je nach abgeschlossenen Abonnement, der ermäßigte Eintritt, eine bestimmte Anzahl kostenfreier Eintritte oder eine Flatrate für Loungezugänge im Gültigkeitszeitraum enthalten. Diese Abonnements gelten jedoch grundsätzlich nur für diejenigen Lounges, die einen Vertrag mit dem entsprechenden Anbieter abgeschlossen haben und sind für Gelegenheitsreisende eher uninteressant. Lounge-Mitgliedschaften sind jedoch oftmals in den Jahresgebühren bestimmter Finanzdienstleister enthalten, so inkludiert die American Express Platinum-Kreditkarte eine PriorityPass-Mitgliedschaft, Kunden von Revolut ab dem Premium-Kontomodell erhalten ein DragonPass-Abonnement.
- Für weniger häufig reisende Passagiere bietet sich der Erwerb eines Lounge Vouchers für die entsprechende Contract Lounge an. Dies kann in manchen Fällen direkt beim Lounge-Anbieter (z.B. auf der Webseite des Flughafens Düsseldorf für die dort betriebenen Hugo Junkers und Open Sky Lounges) oder über einen Lounge Pass-Anbieter wie dem zu American Express gehörigen Lounge Buddy erfolgen. Hierbei erwirbt man vorab für den geplanten Reisetag zum Preis von meist um die 30 Euro pro Person eine einmalige Zutrittsberechtigung für in der Regel 3 Stunden (vor dem geplanten Abflugzeitpunkt). Mitunter sind auch Sonderangebote für Familien und Gruppen erhältlich, und über Lounge Buddy können neben Zutritten zu klassischen Contract Lounges auch Zugänge zu einigen ausgewählten Airline Lounges (z.B. einige Lufthansa Business Lounges) erworben werden.
- Praktisch alle Lounges, die mit einer Lounge-Mitgliedschaft oder über einen Lounge Voucher genutzt werden können, bieten auch Tageszugänge an, die direkt an der Rezeption der Lounge erworben werden können. Der Preis bewegt sich in der Regel auf dem gleichen Niveau wie bei der Vorabbuchung eines Lounge Vouchers (d.h. um die 30 Euro), im Gegensatz zur Vorabbuchung kann es jedoch sein, dass man bei hoher Auslastung der Lounge abgewiesen wird. Andererseits bleibt man so flexibel und muss sich nicht bereits vor der Reise auf den Besuch einer Lounge festlegen, z.B. wenn man noch nicht weiß, ob man am Flughafen aufgrund von Verspätungen bei der Anreise überhaupt genug Zeit hat, eine Lounge zu nutzen.
Bleibt zuletzt noch die Frage: Lohnt es sich überhaupt, für den Zugang zu einer Flughafenlounge zusätzliches Geld auf den Tisch zu legen? Das ist eine Frage, die sich mit all ihren Facetten und unterschiedlichen Motiven, eine Lounge aufzusuchen, so komplex gestaltet, dass ich ihr in näherer Zukunft einen ganzen Artikel widmen werde.
Fazit
Vielen Reisenden ist nicht bekannt, wo genau die Unterschiede zwischen einer “Airline Lounge” und einer “Contract Lounge” liegen (bzw. können mit diesen Begriffen gar nichts anfangen). Ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel ein wenig Licht ins Dunkel bringen konnte und dass die aufgezeigten Möglichkeiten, eine Lounge zu besuchen, für den ein oder anderen hilfreich sein können.