Gemäß EU-Fahrgastrechteverordung haben Fahrgäste Anspruch auf Entschädigung bei der Bahn, wenn ihre Zugverbindung mindestens 60 Minuten zu spät am Zielort ankommt. Dabei ist recht genau geregelt, in welcher Höhe die Erstattung zu gewähren ist und auf welche Weise sie zu erfolgen hat. Grundsätzlich werden ab 60 Minuten Verspätung 25% des Fahrpreises für die einfache Fahrt (bzw. 12,5% des Fahrkartenwerts einer Hin- und Rückfahrkarte), ab 120 Minuten Verspätung 50% des Fahrpreises für die einfache Fahrt (Bzw. 25% des Fahrkartenwerts einer Hin- und Rückfahrkarte) zurückgezahlt. Darüber hinaus legt die Fahrgastrechteverordnung fest, dass die Verspätungs-Kompensation nicht ausschließlich als Gutschein gewährt werden darf, sondern dass auch eine Erstattung des Betrags auf ein Bankkonto möglich sein muss. So weit, so gut, und in der Regel funktioniert die Auszahlung einer Entschädigung bei der Bahn inzwischen auch recht reibungslos.
Was sind Prämentickets bei der Deutschen Bahn?
Nun bietet die Deutsche Bahn in ihrem Kundenbindungsprogramm BahnBonus auch an, Prämientickets in Form von Freifahrscheinen gegen Bezahlung mit Prämienpunkten zu buchen. Die Punktewerte reichen hierbei von 1000 Punkten für eine einfache Fahrt im Sparpreis der 2. Klasse bis hin zu 5000 Punkten für eine Hin- und Rückfahrt im Flexpreis der 1. Klasse und können auf der entsprechenden Seite der Bahn eingesehen werden. Eine Zuzahlung bei Buchung der entsprechenden Fahrkarte ist im Gegensatz zu Airline-Prämientickets nicht erforderlich, so dass die entsprechende Fahrt ausschließlich mit Punkten bezahlt werden kann.
Wie wirkt sich das auf die Entschädigung im Verspätungsfall aus?
Tatsächlich hatte ich mir über diesen Fall noch nie wirklich Gedanken gemacht, da ich seit langem nicht mehr mit einer „BahnBonus-Freifahrt“ (so der offizielle Begriff) unterwegs war. Vor kurzem habe ich aber, um verfallende Punkte zu nutzen, eine Hin- und Rückfahrt von Düsseldorf nach Stuttgart zu Sparpreiskonditionen in der 1. Klasse für 3000 Punkte erworben. Auf der dazugehörigen Fahrt gab es dann aufgrund diverser Bauarbeiten, Streckeneinschränkungen und verspätetem Personal gehörig Verspätung, so dass wir den Zielort ziemlich genau 70 Minuten verspätet erreichten. Der fällige Entschädigungsantrag ließ sich dann auch ohne weiteres über die Bahn-App DB Navigator direkt aus dem Ticket heraus anstoßen.
Tatsächlich sagt die relevante EU-Verordnung nichts über den Fall von Prämienfahrscheinen aus – hier ist lediglich die Rede von Beförderungsverträgen (die selbstverständlich auch im Falle eines Award-Tickets zustande kommen), sowie vom „Preis der Fahrkarte“. Ich bin zwar kein Jurist, würde das aber so interpretieren, dass mir grundsätzlich ein Anspruch auf eine Erstattung in Höhe von 375 BahnBonus-Prämienpunkten zusteht, da ich pro Fahrtrichtung jeweils 1500 Prämienpunkte eingesetzt habe, die somit den „Preis der Fahrkarte“ darstellen. Da die Entschädigung bei der Bahn im Falle meiner Verspätung in Höhe von 70 Minuten 25% des Preises für die einfache Fahrt beträgt, komme ich auf 375 Prämienpunkte.
Es wäre natürlich denkbar, dass die Bahn sich darauf beruft, dass für die Fahrkarte ja nichts (zumindest kein Geld) bezahlt wurde, da es sich schließlich um eine „Freifahrt“ handelt. Im Falle von Flugmeilen gab es im Jahr 2023 jedoch ein zumindest in Teilen vergleichbares Gerichtsurteil, gemäß dem die für die Buchung genutzten Prämienmeilen sehr wohl den tatsächlichen Reisepreis ausmachen und dementsprechend z.B. auch durch eine Reiserücktrittskostenversicherung gedeckt sind.
Gibt es denn nun Entschädigung?
Bereits drei Werktage nach Einreichen des Entschädigungsantrags lag das Antwortschreiben der Deutschen Bahn in meinem Briefkasten (seit der Erstattungsantrag zumindest in Teilen digitalisiert wurde und kein Papierformular mehr erforderlich ist, geht das ohnehin überaus zügig). Die Vorlage des Schreibens ist offenbar für solche Fälle nicht besonders gut geeignet, denn zunächst teilte man mir mit, dass man mir den Entschädigungsbetrag in Höhe von 0,00 Euro meinem Konto gutschreiben würde. In einer zusätzlichen Anmerkung wurde ich aber darüber hinaus informiert, dass mir eine Entschädigung in Höhe von 375 Prämienpunkten gewährt würde. Tatsächlich war der entsprechende Punktewert beim Eingang des Schreibens bereits Kraft Reisetag auf meinem BahnBonus-Konto gutgeschrieben, so dass die erstatteten Punkte auch wieder eine Gültigkeit von 3 Jahren ab dem Tag der verspäteten Reise haben.
Fazit
Tatsächlich lässt sich die Bahn ebenso wie bei regulär erworbenen Fahrkarten im Verspätungsfall nicht lumpen (ganz im Gegenteil zu so mancher Airline) und schreibt auch im Falle von Prämienfahrscheinen sehr zügig die entsprechende Kompensation gut. Der Antragsprozess unterscheidet sich hierbei in keiner Weise von dem, der auch bei monetär bezahlten Fahrkarten zur Anwendung kommt. Nicht ganz sicher bin ich jedoch, wie dies im Falle einer Freifahrt für Dritte funktioniert – hier erhält man von der Bahn bei der Prämienbestellung einen Voucher, mit dem der Reisende dann selbst online eine Prämienfahrkarte erwerben kann. Möglicherweise kann hier jemand in den Kommentaren Licht ins Dunkel bringen.