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Reise-Etikette beim Ein- und Aussteigen auf Flugreisen

Inspiriert durch eine Reihe von Beiträgen zur Flugzeug-Etikette bei den Kollegen von frankfurtflyer.de (hier gehts zum ersten Teil, hier zum zweiten Teil) möchte ich mich an dieser Stelle auch zu einem Aspekt der Reise-Etikette äußern. Die beiden verlinkten Artikel sind unbedingt lesenswert, jedoch fehlte mir bei den Ausführungen insbesondere eine Betrachtung des Aspekts “Ein- und Aussteigevorgang”, der mir persönlich sehr am Herzen liegt. Daher habe ich die Gelegenheit ergriffen, hierzu selbst einen Artikel zu verfassen.

Gerade beim Ein- und Aussteigen auf Flugreisen ist die Reise-Etikette besonders entscheidend, da sich durch die Einhaltung von ein paar Regeln nicht nur das Erlebnis deutlich verbessern lässt, sondern sich das korrekte Verhalten aller Fluggäste auch unmittelbar auf die Pünktlichkeit des Abflugs auswirkt. Von daher profitieren nicht nur eure Mitreisenden von diesen Tipps, sondern auch ihr – und das gleich in zweifacher Hinsicht.

Reise-Etikette am Gate

Ein rücksichtsvolles Verhalten auf Flugreisen beginnt nicht erst beim Betreten des Flugzeugs, sondern bereits einige Zeit vor dem Einsteigen im Wartebereich am Gate. Hier erlebe ich es überaus häufig, dass sich bereits deutlich vor dem offiziellen Boarding-Beginn eine (in minder schweren Fällen halbkreisförmige) Menschentraube um den Schalter am Gate bildet. Diese Leute stehen dann allen anderen im Weg, die irgendwie hier durch müssen. Deshalb die erste Regel: Hängt nicht ewig am Gate ab und haltet den Zugang zum Schalter frei! Es reicht wirklich, 5 Minuten vor der angegebenen Boarding-Zeit am Gate zu sein, vertretet euch lieber noch mal im Terminal die Beine oder setzt euch am Gate auf eine der Sitzgelegenheiten. Falls ihr dennoch am Gate bleiben wollt und keine Sitzplätze mehr frei sind, haltet euch irgendwo im Hintergrund in der Nähe einer Wand auf, um niemandem im Weg zu stehen.

Große Menschentrauben vor dem Gate behindern den Einsteigevorgang (Illustration: StableDiffusion 1.5)

Wenn dann schließlich das Boarding aufgerufen wird, springen sogleich (trotz gegenteiliger Bitten per Lautsprecherdurchsage) reihenweise Menschen auf und stürmen in Richtung der Bordkartenkontrolle. Auch das ist alles andere als sinnvoll, denn praktisch jede Fluggesellschaft führt dieser Tage ein Boarding nach getrennten Gruppen in einer bestimmten Reihenfolge durch. Bei vielen Airlines wird inzwischen eine explizite Boarding-Gruppe auf der Bordkarte vermerkt, andere rufen zunächst ausdrücklich bestimmte Kundengruppen oder Sitzreihen auf. Schaut deshalb bitte vorher auf eure Bordkarte und merkt euch eine eventuell hier vermerkte Boarding-Gruppe, eure Sitzreihe oder auch eure Reiseklasse, und macht euch erst dann auf den Weg zum Einsteigen, wenn eure Gruppe explizit per Lautsprecher aufgerufen wird. Wenn ihr zu früh zur Kontrolle geht (wie oft haben sich schon Schlangen vor der automatischen Bordkartenkontrolle gebildet, aber niemand wurde durchgelassen, weil keiner zur passenden Boarding-Gruppe gehört hat), müsst ihr im schlechtesten Falle den “Walk of Shame” ganz ans Ende der längsten Warteschlange antreten und blamiert euch nicht nur vor dem Personal, sondern auch vor sämtlichen Mitreisenden.

Wenn ihr dann endlich an der Reihe seid, achtet bitte darauf, dass ihr die korrekte Bordkarte griffbereit habt (ja, auch mir ist es schon passiert, dass ich die falsche Bordkarte zu scannen versucht habe) und dass, sofern ihr eine mobile Bordkarte verwendet, euer Telefon entsperrt und die Helligkeit aufgedreht ist. Bei Flügen außerhalb des Schengen-Raums ist es darüber hinaus oftmals erforderlich, zusätzlich ein Ausweisdokument bereit zu halten – ob ihr dies benötigt oder nicht, könnt ihr relativ leicht herausfinden, indem ihr die Reisenden vor euch beobachtet. Müssen diese erst ihren Ausweis rauskramen wenn ihre Bordkarte kontrolliert wird, haltet den euren bereit. Würdigt das Personal einen hingestreckten Ausweis aber mit keinem Blick, so könnt ihr euren Ausweis getrost in der Tasche lassen.

Reise-Etikette beim Einsteigen

Beim eigentlichen Einsteigevorgang geht es dann direkt weiter, was die Regeln zu rücksichtsvollem Verhalten angeht. Dabei spielt es eigentlich keine Rolle, ob ihr über eine Fluggastbrücke direkt ins Flugzeug einsteigt, erst eine Strecke übers Vorfeld laufen müsst oder mit dem Bus zum Flugzeug gefahren werdet. In allen Fällen solltet ihr es unbedingt vermeiden, euren Mitreisenden zu dicht auf die Pelle zu rücken oder zu drängeln. Dadurch seid ihr auch nicht schneller im Flugzeug, zieht aber ganz bestimmt das Missfallen der anderen Fluggäste auf euch. Wenn ihr über eine Fluggastbrücke einsteigt, macht es auch immer Sinn, an der Seite ein wenig Platz zu lassen, denn mitunter kommen euch Abfertigungsmitarbeiter entgegen, die irgendetwas im Flugzeug zu klären hatten oder einen nicht mehr benötigten Rollstuhl aus dem Flugzeug wieder zurück ins Terminal schieben müssen.

Wenn ihr mit dem Bus zum Flugzeug gefahren werdet, macht bitte das, was bei Bus- und Bahnfahrten aller Art offensichtlich die größte Herausforderung für die Nutzer des Verkehrsmittels darstellt: Rückt verdammt noch mal durch und bleibt nicht direkt hinter der Einstiegstür stehen! Ich weiß nicht, wieso das so schwer ist, aber tatsächlich ist das einer der Hauptgründe, wieso Busse und Bahnen fast nie mit der maximal möglichen Kapazität unterwegs sind und Fahrgäste an der Haltestelle zurücklassen müssen.

Eine Jacke sollte man vor dem Betreten des Flugzeugs ausziehen (Illustration: Stable Diffusion 1.5)

Wenn ihr euch dann der Flugzeugtür nähert, ist es eine ausgezeichnete Idee, eine Jacke oder ähnliche Kleidungsstücke, die ihr während des Flugs nicht tragen sondern in den Gepäckfächern verstauen wollt, bereits abzulegen, bevor ihr das Flugzeug betretet. Das Ausziehen von Kleidung im Gang des Flugzeugs ist aufgrund der beengten Verhältnisse nicht nur deutlich schwieriger, es besteht auch grundsätzlich die Gefahr, dass ihr dabei einem Mitreisenden eure Hände ins Gesicht schlagt. Darüber hinaus dauert das Ausziehen eine gewisse Zeit, in der ihr den Mittelgang des Flugzeugs blockiert, so dass niemand mehr nachrücken kann. Habt ihr die Jacke aber bereits vorher ausgezogen, so könnt ihr sie direkt ins Gepäckfach befördern, ohne irgendjemanden zu behindern.

Das gleiche gilt in noch viel größerem Maße für Rucksäcke, und das nicht nur in Flugzeugen, sondern auch allen anderen Verkehrsmitteln: Tragt an Bord eines beliebigen Verkehrsmittels keine Rucksäcke auf dem Rücken! Wenn ihr mit einem Rucksack auf dem Rücken im Mittelgang steht, haut ihr diesen bei der kleinsten Drehbewegung des Oberkörpers unweigerlich einem der am Gang sitzenden Mitreisenden um die Ohren. Nehmt den Rucksack daher bitte schon vor der Tür ab und tragt ihn vor euch her – das gilt übrigens auch für die Busfahrt zum Flugzeug, sollte eine solche erforderlich sein.

Das Tragen eines Rucksacks auf dem Rücken ist im Flugzeug äußerst rücksichtslos (Illustration: Stable Diffusion 1.5)

Bevor ihr das Flugzeug dann letztlich betretet, solltet ihr auch alle Telefongespräche beenden. Ja, ich weiß, wer nicht telefoniert ist nicht wichtig, und man will ja allen Mitreisenden zeigen, dass man offenstlichtlich bei der Planung des Projekts einen massiven Fehler gemacht hat, weshalb jetzt kurzfristige Diskussionen erforderlich sind. Aber: weder gehen Details aus eurem Geschäftsleben andere Passagiere irgendetwas an (fragt mal eure IT-Security-Abteilung was sie davon hält, wenn ihr Zugangsdaten laut in der Gegend herumposaunt, und ja, das habe ich schon erlebt), noch interessiert es sie. Am ehesten werdet ihr noch für einen aufgeblasenen Wichtigmacher gehalten, der irgendetwas kompensieren möchte. Außerdem gestaltet es sich überaus schwierig, mit der Ablenkung am Telefon euren korrekten Sitzplatz zu finden, ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten, mit einer Hand (die andere hält ja das wichtige Telefonat) eure Siebensachen in die Gepäckablage zu befördern.

Wenn ihr nicht telefoniert, habt ihr außerdem die Gelegenheit, beim Einsteigen das Personal kurz zu begrüßen bzw. die entsprechende Begrüßung zu erwidern. Das hilft euch bei der Beschleunigung des Einsteigevorgangs zwar nicht weiter, ist aber einfach guter Anstand.

Was übrigens auch immer eine gute Idee ist – schaut kurz vor der Flugzeugtür noch mal auf eure Bordkarte und merkt euch die Sitzplatznummer. Wenn ihr euch nicht sicher seid, dass ihr euch die Nummer bis zum Erreichen eurer Reihe wirklich merken könnt (das ist schwieriger als man manchmal denkt), haltet eure Bordkarte bis zum Erreichen des Sitzes in unmittelbarer Reichweite (z.B. in der Hand). Das ist auch hilfreich, falls auf eurem Platz schon jemand sitzt – bevor ihr diese Person aber verscheucht, vergewissert euch vorher noch einmal, dass ihr tatsächlich am richtigen Sitzplatz seid, und zieht keine “weg da, mein Platz!”-Nummer ab, sondern macht das ganze freundlich und mit Fingerspitzengefühl: “Guten Tag, bitte Entschuldigen Sie, aber ich denke, Sie sitzen auf dem falschen Platz”. Leider musste ich schon mehrfach Situationen mit ansehen, die nach dem ersten Schema abliefen, und in allen derartigen Fällen hatte sich die unfreundliche Person, die andere von ihrem Platz verscheuchen wollte, in der Sitzplatznummer geirrt. Das ist äußerst peinlich.

Seid ihr dann endlich an eurem Platz angekommen und der Gangplatz ist noch nicht belegt, so solltet ihr erst einmal in die Reihe treten und im Fußraum vor dem Gangplatz stehen bleiben, so dass der Mittelgang frei ist. Von dieser Stelle aus erreicht ihr, zumindest bei Flugzeugen mit 3+3-Bestuhlung, die Gepäckfächer genau so gut wie vom Gang aus (teilweise sogar noch etwas besser) und gebt gleichzeitig euren Mitreisenden die Gelegenheit, im Gang weiter vorzurücken. Da ihr ja eure Jacke und euren Rucksack vor dem Einsteigen schon abgenommen habt, dauert der Vorgang des Verstauens in den Gepäckfächern jetzt auch nur noch wenige Sekunden.

À propos Gepäck: Wenn ihr mehr als ein Gepäckstück habt und noch genügend Platz in den Gepäckfächern ist, gehört es sich trotzdem, eines der Gepäckstücke direkt von Beginn an unter dem Vordersitz zu verstauen, auch wenn ihr euch damit natürlich die Beinfreiheit einschränkt. Das gilt natürlich nicht in den Notausgangs-Reihen oder wenn beide Gepäckstücke nur sehr klein sind – ein Trolley mit Maximal-Kabinenmaßen ist aber definitiv kein kleines Gepäckstück. Ich habe es in der innereuropäischen Business Class leider schon mehr als einmal erlebt, dass ein einzelner Reisender, der das Glück hatte, direkt zu Beginn eingestiegen zu sein, eine komplette Overhead Bin für sich allein beansprucht hat, obwohl diese eigentlich für anderthalb Reihen (mithin 3 Fluggäste) vorgesehen ist. Es ist einfach unglaublich rücksichtslos, wenn man die eigene Mitnahme von viel zu viel Gepäck zum grundsätzlichen Problem der Mitreisenden macht, die ihrerseits dann alles unter dem Vordersitz oder weit vom Sitzplatz entfernt unterbringen müssen. Dass es sich nicht gehört, bereits während des Wartens im Gang das Gepäck in einer weiter vorne gelegenen Sitzreihe unterzubringen, versteht sich eigentlich von selbst, auch wenn das bei manchen Flugreisenden immer noch gängige Praxis zu sein scheint.

Seid ihr nun endlich an eurem Platz angekommen, und habt euer Gepäck verstaut, könnt ihr euch schlussendlich hinsetzen. Dass man hierbei die Sitznachbarn kurz begrüßt, sollte eigentlich auch selbstverständlich sein – hier reicht schon ein kurzes, freundliches zunicken.

Reise-Etikette beim Aussteigen

Endlich ist der Flug vorbei, und ihr möchtet so schnell wie möglich wieder raus aus der engen Metallröhre, in der ihr mehrere Stunden verbracht habt. Aber auch hier sind wieder einige Dinge zu beachten, um den Aussteigeprozess reibungslos und störungsfrei zu gestalten.

Im Grunde gilt hier das gleiche wie beim Einsteigen, nur umgekehrt. Wenn ihr am Gang sitzt, könnt ihr, sobald die Anschnallzeichen erloschen sind, schon einmal aufstehen, das Gepäckfach öffnen und eure Habseligkeiten an euch nehmen. Tretet dabei aber, falls irgendwie möglich, nicht unnötig auf den Gang hinaus, um den gegenüber sitzenden Personen nicht die Chance zu nehmen, ebenfalls bereits ihren Kram aus den Gepäckfächern zu holen. Sobald ihr damit fertig seid, bleibt nicht im Gang oder sonst irgendwo stehen, sondern setzt euch wieder auf euren Platz. Je nach dem wie weit hinten ihr sitzt, dauert es nämlich noch eine ganze Weile, bis ihr aussteigen könnt, und wenn ihr in dieser Zeit im Gang stehen bleibt, verhindert ihr sehr effektiv, dass irgendjemand um euch herum noch irgendwelche vorbereitenden Tätigkeiten ausführen können.

Wenn ihr in der Mitte oder am Fenster sitzt, bleibt so lange sitzen, bis euer Sitznachbar am Gang seinen Platz endgültig verlassen hat. Anschließend stellt ihr euch an den Gangplatz, holt dort eure Sachen von oben herunter, und bewegt euch erst dann in den Gang, wenn ihr damit vollständig fertig seid. Auf die Weise müssen andere Gäste hinter euch nicht darauf warten, bis ihr euer Zeug aus dem Gepäckfach geholt habt, sondern können weiter zügig aussteigen.

Wenn ihr dann an der Reihe zum Aussteigen seid, tut dies bitte zügig, ohne unterwegs noch mal irgendwo anzuhalten und vielleicht mit Freunden, die ein paar Reihen weiter vorne noch sitzen, zu reden. Für den Fall, dass beim Einsteigen der Platz in den Gepäckfächern schon belegt war und ihr euer Gepäck weiter hinten im Flugzeug unterbringen musstet, bleibt euch nichts anderes übrig, als zu warten, bis wirklich alle anderen Fluggäste ausgestiegen sind – während des Aussteigevorgangs nach hinten gegen den Strom zu quetschen hat überhaupt keinen Sinn und wird mit absoluter Sicherheit die betroffenen Mitreisenden verärgern.

Nach dem Verlassen des Fliegers und der Fluggastbrücke steht ihr vielleicht zum ersten mal in einem Flughafengebäude, in dem ihr vorher noch nie wart und in dem ihr keinerlei Ortskunde besitzt. Es ist vollkommen nachvollziehbar, wenn man dann erst mal überfordert ist und sich orientieren muss, aber tut dies bitte nicht, indem ihr am Ausgang der Fluggastbrücke abrupt und wie angewurzelt mitten im Weg stehen bleibt – geht stattdessen ein paar Schritte nach vorne und zur Seite, stellt euch irgendwo an den Rand und schaut dann erst, wo es zur Gepäckausgabe oder zu eurem Anschlussflug geht.

Ach so, und beim Thema Telefonieren gilt natürlich die gleiche Regel wie beim Einsteigen ins Flugzeug – bevor ihr nicht im Terminal seid, hat das Telefon an eurem Ohr nichts verloren. Klar, der Kollege, den ihr vorher so abrupt beim Einsteigen ins Flugzeug abwürgen musstet, wartet immer noch auf den Rückruf, aber lernt was draus und legt euch zukünftig eure Termine so, dass ihr im direkten Umfeld einer Flugreise nicht telefonieren müsst.

Fazit

Bei jeglichen Aktivitäten, bei denen viele Menschen eine längere Zeit auf engstem Raum zusammen verbringen müssen, ist gegenseitige Rücksichtnahme und die Einhaltung gewisser Regeln erforderlich – Flugreisen zählen hier im Besonderen dazu. Wer sich bei seinen Mitreisenden und dem Personal nicht gleich unbeliebt machen möchte, ist also gut beraten, die in diesem Artikel aufgeführten Ratschläge zu berücksichtigen. Natürlich sind Ein- und Ausstieg nicht die einzigen problematischen Situationen, denen man während einer Flugreise ausgesetzt ist, deshalb kann ich jedem nur dringend ans Herz legen, auch die beiden eingangs erwähnten Artikel der Kollegen von frankfurtflyer.de zu lesen und zu beherzigen.

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