Am 1. September 2024 traten laut Presse diverse Änderungen bei Flugreisen in Kraft, die angeblich “alle Passagiere” in “gravierendem Maße” betreffen sollen. Tatsächlich haben die für gewöhnlich bei Reisethemen im Allgemeinen und Fliegerei-Themen im besonderen äußerst schlecht informierten Medien hierzu diverse Enten produziert und einen Haufen unzutreffende Informationen verbreitet, von denen auch ich mich teilweise habe irritieren lassen. Konkret geht es um angebliche Änderungen beim Handgepäck, sowohl was die Sicherheitskontrollen als auch was Größe und Gewicht zulässiger Handgepäckstücke betrifft. Leider haben sich hier auch renommierte Publikationen nicht mit Ruhm bekleckert und teilweise reißerische Clickbait-Artikel veröffentlicht, die inhaltlich aber überwiegend nicht zutreffend sind. Was sich tatsächlich geändert hat (Spoiler: praktisch gar nichts), erfahrt ihr in diesem Artikel.
Flüssigkeiten und elektronische Geräte an der Sicherheitskontrolle
Mit der Einführung von CT-Scannertechnik an den Sicherheitskontrollen vieler Flughäfen in der EU hat man teilweise die bisher geltenden Flüssigkeitsregeln (maximal 100 ml pro Einzelbehälter in einer verschließbaren Plastiktüte mit maximal einem Liter Inhalt) aufgeweicht oder abgeschafft. Tatsächlich brachte dies für die meisten Reisenden gar keine Vorteile, denn bislang waren die CT-Geräte, bei denen auf die Flüssigkeitsbeschränkung verzichtet werden konnte, nicht flächendeckend vorhanden (auch nicht an den meisten deutschen Flughäfen), sondern es gibt nach wie vor nur einige wenige Kontrollspuren, an denen die Flüssigkeitsregel nicht gilt. Deshalb konnte man sich nie sicher sein, ob man überhaupt eine solche Kontrollspur nutzen konnte, und musste sich de facto ohnehin an die beschränkten Regeln bei der Mitnahme von Flüssigkeiten halten.
Angeblich aufgrund von Zweifeln an der Eignung der CT-Geräte bei der Erkennung gefährlicher Flüssigkeiten, aber vermutlich auch, weil es hier immer wieder Ärger gab (an den “alten” Kontrollspuren galten die Regeln ja weiterhin), hat die EU nun beschlossen, die Aufweichung bzw. Aufhebung der Flüssigkeitsregeln zu untersagen. Dementsprechend gilt, unabhängig von der genutzten Kontrolltechnik, weiterhin wieder flächendeckend eine Beschränkung auf eine Plastiktüte mit 100ml-Behältnissen, so, wie dies auch in den vergangenen 20 Jahren wieder war.
Dementsprechend ändert bei Nutzung klassischer Röntgen-Kontrollspuren gar nichts, hier muss weiterhin der Flüssigkeitsbeutel separat präsentiert werden, auch müssen größere elektronische Geräte weiterhin aus dem Gepäck genommen werden. An den neuen CT-Kontrollspuren können die elektronischen Geräte aber, ganz im Gegensatz zur Berichterstattung in der Presse, weiterhin im Gepäck verbleiben (bei der CT-Technik geht es ja genau darum: aufgrund der möglichen 3D-Abbildung des Gepäcks kann z.B. auch “unter” Laptops etc. geschaut werden, während diese bei klassischen 2D-Röntgenscanner die darunter liegenden Gegenstände verdecken). Lediglich der Flüssigkeitsbeutel muss jetzt auch hier wieder separat präsentiert werden, was ich aber durchaus begrüße, da es zuletzt insbesondere aufgrund des im Gepäck verbliebenen Flüssigkeitsbeutels immer wieder zu Nachkontrollen gekommen ist.
Aufgrund der unzutreffenden Berichterstattung in den Medien habe ich es leider auf meinem gestrigen Abflug ab meinem Heimatflughafen Düsseldorf (hier stehen CT-Scanner nur an den Fast Track-Kontrollen zur Verfügung) erlebt, dass die meisten Reisenden auch an der CT-Kontrollspur ihre elektronischen Geräte aus dem Gepäck nahmen, obwohl eine Vielzahl von Aufklebern auf dem Boden explizit dazu auffordert, diese drin zu lassen und nur die Flüssigkeiten separat zu präsentieren.
Angeblich konsolidierte Handgepäck-Richtlinien in der EU
Angeblich sei am 1. September eine EU-Richtline über Größen- und Gewichtsbeschränkungen des Handgepäcks, an die sich alle in der EU ansässigen Fluggesellschaften zu halten hätten, in Kraft getreten. Das stimmt aber gar nicht, denn tatsächlich hat die EU lediglich ihre Absicht, eine solche Konsolidierung im Laufe der nächsten Jahre einzuführen, bekannt gegeben. Dazu gab es gleich auch mal ein Beispiel, wie diese Regeln aussehen könnten, was offenbar in der Öffentlichkeit als unmittelbare Einführung “gravierender Einschränkungen” beim Handgepäck fehlinterpretiert wurde – tatsächlich ist hier aber gar nichts in Kraft getreten, und die von der EU vorgeschlagenen Regeln sind sogar etwas lockerer als die derzeit überwiegend zur Anwendung kommenden Handgepäcks-Regelungen bei den meisten Fluggesellschaften (soviel zum Thema Clickbait). Bis auf weiteres (und man weiß ja, wie langsam die Mühlen der EU mahlen) gelten also weiterhin die jeweiligen Regeln der Fluggesellschaften. Und wäre die EU-Regelung tatsächlich in Kraft getreten, hätte diese für praktisch alle Reisenden eine deutliche Lockerung der Regelungen bedeutet (für mein Dafürhalten aber ein vollkommen falsches Signal) und mitnichten hätte es sich um “gravierende Einschränkungen” gehandelt.
Fazit
Die angeblichen erheblichen Änderungen bei Flugreisen, die seit dem 1. September auf Flugreisende ab der EU zukommen, sind in Wirklichkeit nur heiße Luft. Für vermutlich über 99% der Reisenden ändert sich überhaupt nichts, aufgrund der Berichterstattung ist aber zumindest in den nächsten Wochen damit zu rechnen, dass es vermehrt zu längeren Wartezeiten kommt, weil Passagiere versuchen, sich an Regeln zu halten, die in dieser Form überhaupt nicht existieren. Ich kann nur empfehlen, einfach weiterhin die Informationen der Fluggesellschaften und der Flughäfen zu beachten und sich nicht von Presseberichten, die wie eingangs erwähnt insbesondere bei Flugreisethemen sehr oft unzutreffend sind, irritieren zu lassen.